S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Donnerstag, den 27.11.2025 um 10.30 UTC Leicht unbeständig durch abgeschwächte Tröge und Fronten, dabei trotz vorübergehender Rückseite relativ mild. Vor allem an der Nordsee sowie in einigen Hochlagen teils stürmisch. __________________________________________________________ Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 04.12.2025 Die mittelfristige Wettervorhersage beginnt am kommenden Sonntag, dem letzten Tag des meteorologischen Herbstes, gleich mal mit einer Unschärfe, die schon gestern an dieser Stelle kommentiert wurde und bisher von der Numerik noch nicht vollständig getilgt werden konnte. Die Rede ist von einem kleinen Tiefdruckgebiet, das eine Nordseekreuzfahrt gebucht hat, wo die Reederei aber noch nicht genau weiß, welcher Kurs einzuschlagen ist. Könnte am Wetter liegen, womit sich die Katze spätestens hier in den Schwanz beißt. Aber gut, vertiefen wir das Thema nicht weiter bzw. tun das schon, nur auf synoptischer Basis. Auf der großräumigen Potenzialkarte erkennen wir einen schwer schwächelnden Trog, der sich von der Nordsee bis nach Südwesteuropa erstreckt. Kräftige WLA in seinem Rücken macht ihm ebenso zu schaffen wie ein blockierendes Hoch über dem nahen Osteuropa. Was also tun in so einer Situation? - Wellenlänge verkürzen, Amplitude vergrößern und abtropfen. Gesagt, getan, der Cut-Off geht in Richtung Algerien, während uns das Residuum von Sonntag auf Montag ostwärts überquert. Korrespondierend dazu zieht das o.e. Tief, das übrigens Allüren einer Shapiro-Keyser-Zyklone an den Tag legt (soll hier nicht vertieft werden), von der südwestlichen Nordsee (früher Sonntagmorgen) zur Nordspitze der Kimbrischen Halbinsel (Datumswechsel zum Montag). Der Kerndruck soll dabei bei rund 995 hPa liegen. Die zugehörige Kaltfront, thermisch alles andere als ein Adonis (rückseitig erwärmte subpolare Meeresluft) und auch bezüglich seiner Wetterwirksamkeit kein Vollathlet, überquert den Vorhersageraum schleifend und mit leicht angezogener Handbremse (flaches Tief westliches Mittelmeer) ostwärts. Dabei regnet es mitunter leichter Intensität, je nach Timing und Vorgeschichte besteht im Südosten eine latente Glatteisgefahr (noch unsicher). Ein paar Schneeflocken fallen nur in den höchsten Lagen. An der Nordsee frischt der Wind merklich auf (Süd bis West) mit zunehmender Sturmgefahr. Am Montag gelangen wir auf die Vorderseite eines neuen, sich über dem nahen Atlantik formierenden Höhentrogs, der mit einem umfangreichen, aus mehreren Kernen bestehenden Tiefdruckkomplex korrespondiert. Man benötigt keine fundamentalen meteorologischen Kenntnisse um zu verstehen, dass eine derartige Konstellation der Feind des Winters ist, zumindest hier bei uns. Hochreichend südliche bis südwestliche Winde auf der Vorderseite blasen subtropische Luftmassen nordwärts (T850 am Dienstag 00 UTC -1 bis +5°C), die in diesem Fall einen flachen Rücken mit Zwischenhocheinfluss über Mitteleuropa generieren. Nix von Dauer, greift doch bereits im Tagesverlauf eine Warmfront mit stratiformen Regenfällen auf den äußersten Nordwesten über. Fraglich ist derzeit noch, wie weit der Niederschlag in der Nacht zum Dienstag südostwärts vorankommt und dabei im Südosten evtl. etwas gefrierenden Regen bringt oder eben auch nicht. Tatsache ist, dass der Südosten des Landes die Region ist, in der die milde Luft am wenigsten durchgreift. Mangelnde Durchmischung lässt bei "günstiger" Nachtbewölkung immer mal wieder eine dünne Kaltluftschicht entstehen, die sich auch tagsüber leidlich hält (allerdings ohne Dauerfrost). Während gerade im Südosten also noch ein paar Fragezeichen hinter der Detailentwicklung stehen, scheint es ausgemachte Sache zu sein, dass der Nordwesten im Allgemeinen und die Nordsee im Besonderen ordentlich Wind bzw. Sturm abbekommen. Zudem setzt im Laufe des Dienstags in den Alpen kräftiger Föhn ein, teils mit (schweren) Sturmböen auf Gipfeln und Kreten. Bis Donnerstag grüßt dann das berühmte Murmeltier, meint, die Abläufe scheinen sich zu widerholen: Übergreifen des neuen, stark verkürzten Höhentrogs (inkl. deutliche Abtropftendenz), vorgeschaltet eine schleifende und mithin wenig progressive teilokkludierte Kaltfront, deren Wetterwirksamkeit sich in Grenzen hält. Ob der Trend in der erweiterten Mittelfrist in Richtung Zonalisierung übergeht, wie von IFS angedeutet, oder das Murmeltier weiterhin grüßt, bleibt abzuwarten. __________________________________________________________ Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs Die großräumige Wetterlage, die sich zum Monatswechsel und darüber hinaus einstellt, wird relativ konsistent gerechnet. Das schließt Unschärfen respektive kleine Unterschiede in der Prognose zwar nicht aus, das große Ganze steht aber auf einem sehr soliden Fundament, auch modellübergreifend. Tendenziell werden ziemlich milde Luftmassen nach Deutschland gesteuert, lediglich im windschwachen Südosten bleibt es etwas frischer mit leichtem Nachtfrost. Von "echtem" Winterwetter bleiben wir aber meilenweit entfernt. Der Wetterablauf gestaltet sich leicht wechselhaft mit zeitweiligen Regenfällen vornehmlich in der Nordwesthälfte. Dazu weht insbesondere an der Nordsee mitunter ein starker bis stürmischer Wind aus vornehmlich südlichen Richtungen. __________________________________________________________ Vergleich mit anderen globalen Modellen Auch beim Modellvergleich lässt sich konstatieren, dass die großräumige Entwicklung sehr ähnlich simuliert wird. Freilich sollte man dabei nicht zu beckmesserisch urteilen und Lupe bzw. Mikrometerschraube links liegen lassen. Gewisse Timingunterschiede sind ebenso präsent wie räumliche Verschiebungen, der Witterungscharakter wird dadurch aber nicht nennenswert beeinträchtigt. Ein Satz aber noch zum Nordseetief am Sonntag/Montag, das gegenüber IFS von ICON und GEM etwas langsamer, von GFS etwas schneller und von UK10 etwas weiter nördlich simuliert wird. Es versteht sich also von selbst, dass sowohl in Bezug auf die genaue Wind-/Sturmentwicklung (vor allem Nordsee) als auch auf das Niederschlagsgeschehen (Glatteis/gefrierender Regen im Südosten ja/nein) auf deterministischer Basis die Messe noch nicht gelesen ist. __________________________________________________________ Bewertung der Ensemblevorhersagen Die IFS-EPS-Rauchfahnen verschiedener deutsche Städte zeigen einen vergleichsweise gutmütigen Verlauf, bei dem die Ensembles mehrheitlich dicht am HRES (also dem Hauptlauf) liegen. Erst im Verlaufe der ersten Dezemberwoche nimmt die Spreizung der Kurven allmählich zu, so dass hinsichtlich der erweiterten Mittelfrist noch verschiedene Optionen auf dem Tisch liegen. Es gibt sogar eine Handvoll "kalter" Lösungen mit 850-hPa-Temperaturen um -5°C, gleichwohl bleibt die Hoffnung auf einen zweiten Wintereinbruch nach dem zumindest regionsweise durchaus gelungenen Erstschlag der zurückliegenden Woche äußerst gering. Das wird auch schnell deutlich, wenn man auf die Clusterung der IFS-Ensembles schaut. Zäumen wir das Pferd mal von hinten auf und betrachten den Zeitraum T+192...240h (Freitag bis Sonntag nächster Woche), wo sich drei Schubladen öffnen. 20 Mitglieder steuern in Richtung "Blockierung" (ähnelt Winkelwest), 16 Mitglieder + HRES favorisieren das Muster "NAO+" und die restlichen 15 Fälle tendieren zu "NAO-". Wirklich winterlich sieht keines der Muster aus. Die drei Cluster, die für das Zeitfenster T+120...168h (Dienstag bis Donnerstag) aufgemacht werden, unterscheiden sich für Mitteleuropa nur marginal und zeigen alle das Übergreifen des sich verkürzenden Höhentrogs. Dass für den Beginn der Mittelfrist am Sonntag/Montag (T+72...96h) die Maximalzahl von sechs Clustern offeriert wird, ist nicht neu. Wo da genau die Unschärfen/Unterschiede liegen, die so eine hohe Differenzierung rechtfertigen, ist nicht ersichtlich. Über Mitteleuropa jedenfalls sind die Differenzen bestenfalls infinitesimaler Natur. Noch eine Bemerkung zur Tiefpassage am Sonntag/Montag. Wurde gestern im Ensemble für die Deutsche Bucht noch ein Spread von rund 25 hPa zwischen dem höchsten und niedrigsten Luftdruck registriert (Referenz Sonntagmittag), sind es heute nur noch 15 hPa. Es besteht als Hoffnung, dass die Numerik das Tief in puncto Zugbahn und Intensität noch rechtzeitig in den Griff bekommt. FAZIT: Im Grunde kann man das gestrige Fazit des geschätzten Kollegen Leyser Sturm nahezu 1:1 übernehmen: Übergreifen abgetakelter Tröge und Kaltfronten mit etwas Regen, dabei im Südosten mitunter Gefahr von Glatteis (höchste Wahrscheinlichkeit allerdings in der Kurzfrist (Nacht zum Samstag)). Ansonsten Advektion relativ milder Luftmassen, nur im schlecht durchmischten Südosten etwas Hausmacherkaltluft. An der Nordsee und ab Dienstag auch in den Alpen (Föhn) zeitweise stürmisch. In der erweiterten Mittelfrist noch verschiedene Optionen, neuerlicher Wintereinbruch aber eher nicht. _________________________________________________________ Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen STURM: Vor allem an der Nordsee frischt der Wind schon in der Kurzfrist beginnend zeitweise stürmisch auf (Böen 8-9 Bft), wobei er meist aus Süd bis Südwest, nur kurzzeitig (Tiefrückseite am Sonntag/Montag) mal aus westlichen Richtungen weht. Erst zur Wochenmitte ist eine gewisse Abnahme erkennbar. Die Ostseeküste ist aufgrund des geringeren Gradienten sowie der überwiegend ablandigen Windkomponente weniger betroffen (geringe Wahrscheinlichkeit Böen 8 Bft). Dafür setzt am Dienstag in den Alpen Südföhn ein mit der Gefahr (schwerer) Sturmböen 9-10 Bft in anfälligen Hochlagen. GLATTEIS: Die größte Gefahr für gefrierenden Regen und Glatteis ist in der Nacht zum Samstag (Kurzfrist) im Südosten gegeben. Auch danach - insbesondere in der Nacht zum Montag - ist Glatteis im Südosten noch mal möglich, allerdings mit geringerer Wahrscheinlichkeit. SCHNEE: Fehlanzeige! ________________________________________________________ Basis für Mittelfristvorhersage Modellmix mit IFS-EPS und MOS-Mix. ________________________________________________________ VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Hoffmann