Wissenschaft kompakt Die atlantische Hurrikansaison 2025: Prognosen und Ist-Zustand Seit dem 1. Juni läuft sie offiziell wieder: Die atlantische Hurrikansaison. Den aktuellen Stand und die Prognosen dazu lesen Sie im heutigen Thema des Tages. Offiziell läuft die alljährliche Hurrikansaison über dem Nordatlantik vom 1. Juni bis zum 30. November. Vor ihrem Beginn erstellen diverse nationale Wetterdienste und weitere wissenschaftliche Einrichtungen stets Prognosen über ihren Verlauf. Prognostiziert wird dabei die Anzahl benannter Stürme, wobei es dabei nicht nur um Hurrikane geht, sondern um alle tropischen und subtropischen Stürme über dem Nordatlantik. Dabei definieren sich die Wirbelstürme über ihre mittlere Windgeschwindigkeit (1-minütiger Mittelwind). Ab 62 km/h spricht man von einem tropischen Sturm (bzw. je nach Entstehungsregion auch subtropischen Sturm), ab 119 km/h von einem Hurrikan und ab 178 km/h von einem schweren Hurrikan (engl.: major hurricane). Schwere Hurrikane nehmen damit die Kategorien drei bis fünf auf der fünfteiligen Saffir-Simpron-Skala ein. Durchschnittlich entwickelten sich zwischen 1991 und 2020 - also innerhalb der aktuellen sogenannten Vergleichsperiode - pro Jahr 14 tropische Stürme, darunter 7 Hurrikane und darunter wiederum 3 schwere Hurrikane. Vergleichen wir diese Durchschnittswerte mal mit dem Rekordjahr 2020. Mit 30 benannten Stürmen - so viel gab es noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen - entwickelten sich damals mehr als doppelt so viele Stürme als im Mittel. Davon mauserten sich 14 Stück zu Hurrikanen (Platz 2 nach 2005) und davon wiederum sieben zu schweren Hurrikanen (wie 2005). Letztes Jahr lag mit 18 tropischen Systemen zwar deutlich unter dem Rekordjahr, was die Gesamtzahl angeht. Bei den darunter befindlichen Hurrikanen (11) und schweren Hurrikanen (5) kam es aber dagegen schon recht nah an das bisherige Maximum ran. Das Klimaprognosezentrum der US-amerikanischen NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) prognostiziert für 2025 eine tendenziell leicht überdurchschnittliche Wirbelsturmaktivität auf dem Nordatlantik (Stand 07.08.2025). Für dieses Szenario ruft es eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit auf. Einer durchschnittlichen Saison räumt es immerhin noch eine 35-prozentige, für eine unterdurchschnittliche dagegen nur eine 15-prozentige Chance ein. In absolute Zahlen umgemünzt geht das Klimaprognosezentrum dieses Jahr von 13 bis 18 benannten Stürmen aus, wovon 5 bis 9 zu Hurrikanen und davon wiederum 2 bis 5 zu schweren Hurrikanen heranreifen sollen. Damit hat die NOAA ihre Prognose vom 22.05.2025 minimal zurückgestuft. Damals ging sie noch zu 60 % von einer überdurchschnittlichen Saison aus mit 13 bis 19 benannten Stürmen, 6 bis 10 Hurrikanen und 3 bis 5 schweren Hurrikanen. Was die reine Anzahl an (schweren) Hurrikanen angeht, nähert sich die aktuelle Prognose nun eher dem Mittelwert an, was auch in etwa den jüngeren Prognosen anderer Einrichtungen entspricht. Tatsächlich stehen bisher gerade einmal vier tropische Stürme auf der Haben-Seite. Den Anfang machte "Andrea", die sich am 24.06. über dem zentralen Nordatlantik entwickelte. Damit lag der erste Sturm dieser Saison vier Tage hinter dem langjährigen Mittel (20.06.). Nichts Außergewöhnliches, ganz im Gegenteil zur geografischen Lage: Noch nie bildete sich im Juni ein tropischer Sturm weiter im Norden als "Andrea" - eine Folge des deutlich zu warmem Meerwasser. Der zweite Tropensturm, "Barry", war Ende Juni für gerade einmal zwei Tage im Golf von Mexiko aktiv, ehe er in Mexiko auf Land zog und sich deutlich abschwächte. Den "Resten" von "Barry" sollte im weiteren Verlauf aber noch eine dramatische Rolle zuteilwerden. Der Wirbel zog Richtung Texas und der durch ihn anhaltende Zustrom sehr feuchter Golfluft war letztlich mitverantwortlich für die extreme Sturzflut am Guadalupe River Anfang Juli, die weit über 100 Menschen in den Tod riss. "Chantal" und "Dexter" waren die jüngsten Tropenstürme dieser Saison. Letzterer hat sich mittlerweile in ein "normales" Sturmtief umgewandelt und wird nun mit der Westwindzirkulation und unter Abschwächung langsam Richtung europäische Gewässer geführt. Laut der diesjährigen Namensliste, die zuletzt 2019 ihre Anwendung fand (die sechs vorhandenen Listen wechseln sich jährlich ab), hätte "Dexter" übrigens eigentlich "Dorian" heißen müssen. Da "Dorian" 2019 allerdings als Kategorie-5-Hurrikan vor allem auf den Bahamas für viele Tote und enorme Schäden sorgte, wurde der Name aus der Liste gestrichen und durch "Dexter" ersetzt. Vergleicht man den aktuellen Ist-Zustand mit den Prognosen, steht in den nächsten Wochen und Monaten wohl noch einiges an Ungemach an. Bleibt zu hoffen, dass so viele Stürme wie möglich über Wasser bleiben, fernab von bewohnten Gebieten und schlicht als höchst fotogene Modelle für die Satelliten fungieren. Dipl.-Met. Tobias Reinartz Deutscher Wetterdienst Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 08.08.2025 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst