SXEU31 DWAV 151800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Samstag, den 15.11.2025 um 18 UTC SCHLAGZEILE: Kampf der Viererdruckpärchen - kalt besiegt warm. Zu Wochenbeginn landesweite Flutung polarer Luftmassen mit winterlichen Zügen im Bergland, vor allen an den Alpen. Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC ---------------------------------------------------------------- Aktuell ... dümpelt das Wetter in Deutschland ein bisschen vor sich hin, als wüsste es nicht wohin mit sich. Hier ein bisschen Regen, dort ein bisschen Regen, alles etwas unorganisiert, dazwischen trockene, aber häufig bewölkte Phasen und Sonne am ehesten im Süden. Oder eben ganz weit oben im Norden, wo man z.B. auf Sylt heute Nachmittag gut beraten war, den nördlichen Teil der Insel anzusteuern. Dort schien nämlich die Sonne, während es in der Mitte und im Süden - getrennt durch eine wunderbare, nahezu geradlinige Wolkenabbruchkante - stark bewölkt war. Dazu wurden einmal mehr große Temperaturunterschiede beobachtet, nicht auf Sylt, sondern im Deutschlandquerschnitt: Während das Thermometer im regnerischen Nordosten an manchen Orten Mühe hatte, die 5°C-Schwelle zu überschreiten, war man im Süden und Südwesten nicht weit weg von 20°C. Solche Unterschiede kommen eigentlich nur dann zustande, wenn auch unterschiedliche Luftmassen beteiligt sind. Und tatsächlich - aufmerksame Verfolger des Wettergeschehens und tägliche Leser dieses einmaligen Bulletins wissen es schon aus den vergangenen Tagen - liegt über dem Norden, eher schon über der nördlichen Mitte eine Luftmassengrenze (LMG), die milde bis sehr milde Luft subtropischen Ursprungs (xS) in der Mitte und im Süden von Polarluft arktischer Herkunft (mA/mP) im Norden trennt. Stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, in welche Richtung die Reise nun geht, womit wir bei der großräumigen Druck- und Potenzialverteilung wären. Noch immer lässt sich das seit Tagen präsente Vierdruckfeld ausmachen mit hohem Druck/Potenzial über Nordwest- und Südosteuropa (XANNI und WENCKE) und diametral gegenüberliegenden Tiefdruckgebieten über Südwest- und Nordeuropa (PEPE int. Claudia sowie QUIRIN mit RUBEN). Reichlich was los also auf der europäischen Wetterkarte, die Challenge ist voll im Gange. XANNI mit QUIRIN und RUBEN vs. PEPE und WENCKE, kalt gegen warm, polar oder subtropisch. Nun, um es vorwegzunehmen, am Ende schlagen die Nordlichter das südliche Duo, sind ja auch einer mehr (nicht ganz ernstgemeint). Kommen wir zur Nacht auf Sonntag, wo sich eine flache, fasst schon rinnenartige Welle von Belgien her entlang der LMG bis nach Norddeutschland vorarbeitet. Dabei kommt es im Westen und Nordwesten zu konvektiv durchsetzten, sehr wahrscheinlich aber ungewittrigen Regenfällen. Regen fällt auch Richtung Nordosten, schwerpunktmäßig in MV, dem nördlichen BB sowie dem östlichen NDS, wo gebietsweise 5 bis 10, lokal um 15 l/m² innert 12 h zusammenkommen können. Hierbei handelt es sich um "Altlasten" vom Tage, die sich mangels Dynamik nur sehr, sehr schleppend verlagern. Trocken bleibt es nur ganz hoch im Norden im nördlichen SH, wo bereits trockenere Kaltluft Fuß gefasst hat. Nachlassender Wind und Aufklaren forcieren die Abkühlungsrate, was im Binnenland des deutsch-dänischen Grenzbereichs stellenweise leichten Frost nach sich ziehen kann. Stichwort Wind, der lässt aus Osten kommend auf und an der Nordsee (Ostfriesland) im Zuge fallenden Drucks und damit einhergehender Gradientauffächerung kontinuierlich nach. Kurz noch ein Exkurs in den Süden, wo ein kleiner Sekundärtrog mit schauerartigem Regen über BaWü und Bayern Richtung Tschechien zieht. Sollte es dahinter mal für etwas längere Zeit aufgehen, kann sich Nebel bilden. Frost ist dagegen kein Thema. Auf einigen exponierten Mittelgebirgshöhen (z.B. Brocken, Thüringer Wald) kann es low-level-bedingt zu einzelnen stürmischen Böen 8 Bft aus Südwesten kommen. Sonntag ... kommt etwas Bewegung ins bis dato statische Geschehen, wobei das Pendel beginnt, langsam aber sicher in Richtung "kalte" Lösung zu schlagen. Unser Tief PEPE füllt sich zusehends auf und auch die WENCKE hat schon bessere Tage erlebt. Heißt, die Antriebe, milde respektive warme Luftmassen gen Norden zu steuern, fangen an zu erlahmen. Hinzu kommt, dass das flache Wellentief nach Nordpolen abzieht, wodurch die LMG bei uns eine zunehmende Schubkomponente verpasst bekommt (Winddrehung auf nördliche Richtungen). Nicht zu vergessen der wuchtige Potenzialtrog über Nordeuropa, der rückseitig mit reichlich Kaltluft polarer Herkunft befeuert wird und dabei immer weiter nach Süden ausschlägt. Damit einher geht die Annäherung einer zweiten Kaltfront, welche am Mittag Schottland und den Skagerrak erreicht. Kurzum, unsere LMG fängt an, sich als Kaltfront langsam gen Süden in Bewegung zu setzen. Liegt die 0°C-Isotheme auf 850 hPa am frühen Morgen noch dicht an der Grenze zu DK bzw. an der deutschen Ostseeküste, erreicht sie zum Tagesende etwa eine Linie Eifel-Thüringer Wald-Niederlausitz. Mit der Front verlagern sich auch die zugehörigen Regenfälle ganz allmählich etwas nach Süden, erreichen den zentralen Mittelgebirgsraum bis zum Abend aber noch nicht. Die Intensität lässt insgesamt etwas nach, 5 l/m² werden über den Tag verteilt nur lokal etwas überschritten. Möglich, dass der Oberharz zum Abend hin die ersten Flocken in Empfang nehmen kann. Präfrontal von der Mitte bis in den Süden bleibt es zunächst meist trocken, hier und da setzt sich für einige Momente die Sonne gegen die ansonsten dominierende Bewölkung durch. Im Tagesverlauf greifen dann schwache Hebungsprozesse einer flachen Zyklogenese über Südfrankreich und dem westlichen Mittelmeer auf den äußersten Süden (Grenze zu CH/A) über, die dort mitunter leichten Regen bringen. Vom Süden in den hohen Norden, wo sich die deutlich abgetrocknete maritime Polarluft beginnt auszubreiten (Rückgang T850 auf bis zu -3°C am Abend). Dabei lockert die Wolkendecke auf und es bleibt auch zunächst trocken. Erst zum Abend hin tauchen über der offenen Nordsee die ersten, vertikal nicht überbordend mächtigen Schauer (bis etwa 700 hPa) auf, die dann später auch landeinwärts reindriften. Im Norden reicht die Spanne der Höchsttemperatur von 5 bis 9°C, sonst von 8 bis 14°C (am kühlsten die Niederungen Ost- und Südostbayerns, wo auch in den vergangenen Tagen die kalte Grundschicht mangels ausreichend Durchmischung nie ganz ausgelöscht werden konnte). In der Nacht zum Montag macht die Austrogung von Norden in Richtung Mitteleuropa weitere Fortschritte, was mehrere Konsequenzen hat. Zum einen wird der äußerste Norden bis zum Morgen von der o.e. zweiten Kaltfront (Absender Tief RUBEN über der mittleren Ostsee) nebst fetter Höhenkaltluft erfasst, in der T500 auf -30 bis -35°C zurückgeht. Bei gleichzeitig T850 um -3°C bedeutet das eine äußerst veritable Labilität, die sich trotz Wasserdampfarmut (PPW nur um 10 mm, Grundschichtfeuchte meist unter 5 g/kg) in einige Regen- und Graupelschauer, über der Nordsee vielleicht sogar kurze Graupelgewitter umsetzen lässt. Bis zum frühen Morgen erreichen die Schauer den nord-nordwestlichen Mittelgebirgsrand, wo es in höheren Lagen (es wird hier vor allem an den Oberharz gedacht) etwas schneien und auch glatt werden kann. Darüber nimmt der nord-nordwestliche Wind an und über der Deutschen Bucht kontinuierlich zu mit Böen 7, nach Westen hin 8, auf offener See bis 9 Bft. Punkt #2 betrifft die erste Kaltfront, also die ehemalige LMG, die sich langsam über den zentralen Mittelgebirgsraum hinweg in Richtung Süddeutschland robbt. Zwar schwächen sich die zugehörigen frontalen Regenfälle dabei ab, dafür sinkt die Schneefallgrenze, was gerade dem Thüringer Wald und dem Erzgebirge sowie dem Fichtelgebirge in den Frühstunden oberhalb etwa 600 m etwas Schnee/Glätte bringen kann. Und dann wären da noch die Niederschläge ganz im Süden zu erwähnen, die auf die Zyklogenese südlich der Alpen, aber auch zunehmend auf die Vorderseite des sich südwärts ausweitenden Troges zurückgehen. Diese Niederschläge, die weiterhin in flüssiger Form fallen, dehnen sich Schritt für Schritt nach Norden aus, wo sie irgendwann in den Morgenstunden mit den frontalen Hydrometeoren von Kaltfront #1 verschmelzen. Noch bleibt es in der sich ausbreitenden Meereskaltluft weitgehend frostfrei (Wolken und/oder Wind), einzig im höheren Bergland (außer im Süden) konvergiert die Temperatur zusehends Richtung Gefrierpunkt oder auch etwas darunter. ---------------------------------------------------------------- Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC Montag ... flutet die Polarluft den gesamten Vorhersageraum, so dass das Wetter zumindest partiell winterliche Züge annimmt. Vor allem an und in den Alpen darf bei rasch absinkender Schneefallgrenze auf ´ne Hucke Neuschnee gehofft werden, was vor zwei Tagen noch nicht so aussah. Mehr Details findet ihr in der Übersicht von heute früh. Modellvergleich und -einschätzung ---------------------------------------------------------------- Die Numerik ist sich ziemlich einig, wirklich von der beschriebenen Entwicklung abweichende Szenarien sind nicht erkennbar. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Jens Hoffmann