SXEU31 DWAV 190800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Mittwoch, den 19.11.2025 um 08 UTC GWL und markante Wettererscheinungen: GWL: Übergang zu TrM (Trog Mitteleuropa) TALAT lässt grüßen - schlankes Tief und fetter Trog als Frühwinterboten, teils bis in tiefe Lagen. Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC -------------------------------------------------------------- Mittwoch... steht ganz klar im Zeichen eines zwar nicht allzu tiefen, dafür aber scharf geschnittenen Tiefs (2 Kerne?) namens TALAT. Um 6 GZ lag das Tief mit etwas über 1000 hPa im Kern über der südwestlichen Nordsee westlich des Ijsselmeers und damit am südwestlichen Rand eines breiten Potenzialtrogs über Nordeuropa. Dieser Trog wird derzeit mit reichlich Kaltluft sowie rückseitig einlaufenden Kurzwellen gespeist, was in eine weit bis nach Südwesteuropa, später gar Nordwestafrika reichende Amplifizierung mündet. Für unseren Raum bedeutet das ein kontinuierliches Rückdrehen der anfangs noch westlichen Höhenströmung auf Südwest bis fast Süd, was wiederum Folgen für den Fahrplan von TALAT hat. Der kommt nämlich nicht so richtig aus den Puschen, wie auch, wenn der Antrieb aus der Höhe fehlt. Mit anderen Worten, das Tief (Hauptkern) zieht heute nur sehr gemächlich gen Osten: erst die Niederlande, am frühen Abend Grenzübertritt zum Emsland, danach Richtung Reeperbahn (passende Tageszeit) und irgendwann in der zweiten Nachthälfte dann die Dänischen Inseln. Seine Energie, die das Tief bei einer derart pomadigen Fortbewegung spart, steckt es nicht etwa in seine Vertiefung (nur wenig unter 1000 hPa), sondern hauptsächlich in seine Körperstreckung. Heißt, TALAT nimmt eine zusehends schlanke, elliptisch konfigurierte Geometrie an mit einem recht scharf geschnittenen, nach Südwesten zurückhängenden Bodentrog, in den eine Kaltfront eingebettet ist. Zum Wetter, dass heute zwei Aktivzonen aufweist. Die eine liegt aktuell präfrontal und quasi auf der Vorderseite des sich ausweitenden Troges im Westen und in der Mitte. Hier kommt es zu leichten Niederschlägen, die sich nur langsam ost-südostwärts ausweiten. Heute früh schneit es z.T. bis ganz runter, ohne dass groß was liegenbleibt (keine Frost vorher, Bodenwärmestrom). Anders die Situation oberhalb etwa 200 bis 300 m, tagsüber eher 400 bis 500 m (Tagesgang + leichter WL-Einschub mit Anstieg T850 auf etwa -2°C)), wo es bis zum Abend durchaus zu einer Schneeakkumulation von 1 bis 5, in Staulagen lokal sogar bis zu 10 cm kommen kann. Aktionszentrum #2 liegt hoch im Norden, vor dem Tiefkern, wo WLA und PVA zeitweise eine fruchtbare Symbiose eingehen. Insbesondere im Nordseeumfeld + angrenzendes Binnenland sind die Niederschlagsraten recht erklecklich (3-4, vielleicht mal 5 mm/h), was nicht ganz ohne Bedeutung ist. Stichwort Niederschlagsabkühlung, die vor allem im Norden von SH greifen dürfte. Dort kommt man etwa gegen Mittag in den windschwachen Kern-/Trogbereich des Tiefs, so dass der anfängliche Regen in Nassschnee übergeht (Prozess hat schon begonnen). Es kühlt ab und im untersten Teil des Vertikalprofils stellt sich eine gesättigte Isothermie unweit von 0°C ein. Die Intensität ist hoch genug, um den Bodenwärmestrom zu kaschieren respektive in seine Schranken zu verweisen, so dass am Ende tatsächlich einige Zentimeter Nassschnee liegen bleiben könnten, wenn auch nicht überall. Weitgehend verschont bis zum Abend von Schnee oder Regen, aber auch vom ganz fetten Gewölk bleiben weite Teile des Südens und Südostens sowie die östliche Mitte bis zum deutsch-polnischen Grenzbereich. Zum Teil scheint sogar für längere Zeit die Sonne, für mehr als 2 bis 7°C, am Oberrhein vielleicht 8°C reicht es in der abgetrockneten maritimen Polarluft (xP) aber nicht. Ähnlich die Werte in den übrigen Landesteilen, oberhalb 700-800 m leichter Dauerfrost. Der südliche Wind frischt vor allem in exponierten Hochlagen spürbar auf mit Böen 7-8 Bft, Brocken 9 Bft. Über der Deutschen Bucht, wo der Wind über Ost auf nördliche Richtungen dreht, brist es erst zum Abend hin soweit auf, dass erste 7er-Böen auftreten. In der Nacht zum Donnerstag schwenken der scharfe Bodentrog nebst eingelagerter Kaltfront langsam über Deutschland südostwärts. Rückseitig gelangt eine frische Portion polarer Meeresluft arktischen Ursprungs in weite Landesteile, in der T850 auf bis zu -7°C zurückgeht. Von NW nach SO kommt es verbreitet zu leichten, hier und da (vor allem orografisch bedingt) mitunter auch mal mäßigen Niederschlägen. Oberhalb etwa 300 bis 400 m dürfte durchweg die feste Phase am Start sein, darunter "teils, teils" inkl. Mischphase. In den Mittelgebirgen kommen 1 bis 5, lokal bis zu 10, im Hochschwarzwald sogar 10 bis 15, im Weststau mit etwas Glück/Pech (je nach Perspektive) 20 cm bis Donnerstagvormittag zusammen. Wenig bis gar kein Neuschnee gibt´s hingegen vom Erzgebirge über Ostbayern bis hinunter zum östlichen Alpenrand, wo die ganze Frontenschose noch nicht ankommt. Abtrocken tut es postfrontal auch im Nordwesten, wo gleichzeitig die Wolkendecke aufreißt. Aufreißen in frischer Kaltluft + nasse/feuchte Straßen durch vorherigen Niederschlag bilden eine toxische Gemengelage, die plötzliche Straßenglätte durch sogenanntes Überfrieren hervorruft. Zum "Retter" könnte der nicht gänzlich zu Ruhe kommende West-Nordwestwind werden, der die Abkühlungsrate dämpft. Ob er am Ende den (Boden)Frost verhindern kann, ist fraglich. Es ist ratsam, die mittäglich auszugebenden Frostwarnungen gleich mit einer Glättewarnung zu kombinieren, um einen frühzeitigen Ping zu setzen. Frostwarnungen braucht es freilich auch für den gesamten Mittelgebirgsraum (> 400-600 m) sowie große Teile des Südens und Südostens. Noch ein Satz zum Wind, der in höheren Lagen flott und teils stürmisch unterwegs bleibt. Im Norden verlagert sich das Windmaximum (Böen 7, vereinzelt 8 Bft) von der Nordsee zur schleswig-holsteinischen Ostseeküste (Tiefrückseite). Und auch ganz im Süden, vor allem in Oberschwaben/bayerisch Schwaben frischt der westliche Wind durch den Leitplankeneffekt bzw. eine von Westen einlaufende Druckanstiegswelle vorübergehend auf (bis 7 Bft). Donnerstag... zieht das Bodentief nur langsam weiter über die Ostsee in Richtung Gotland. Rückseitig steigt der Luftdruck an und induziert dabei eine flachen, gen Süddeutschland gerichteten Keil. Überlagert wird dieser schwache Zwischenhocheinfluss vom monumentalen Potenzialtrog (Achse Algerien-Barentssee), der etwas ostwärts schwenkt, in seinem Südteil aber auch schon bevorstehende Abtropftendenzen offenbart. Auf alle Fälle werden wir von hochreichender Polarluft arktischen Ursprungs geflutet, in der T500 mit Ausnahme des äußersten Südens und Südostens auf -35 bis -39°C zurückgeht. Unter Berücksichtigung von T850 um -6°C resultiert daraus eine bemerkenswerte Labilität, der es aber an Wasserdampf mangelt. Die PPWs sind durchweg einstellig, gibt also wenig Futter zum Verarbeiten. Will sagen, es entwickeln sich bei wechselnder Bewölkung (in SH Sonnenfenster durch Skandenföhn) zwar Schauer, die oberhalb 200-400 m durchweg als Schnee, sonst als Regen, Schnee, Graupel oder Schneeregen fallen. Die Intensität hält sich aber in Grenzen und der "große" Schneezuwachs bleibt tagsüber aus. Vielleicht wenige Zentimeter an den Alpen und in einigen Mittelgebirgen. Nicht gänzlich ausgeschlossen, dass es vereinzelt auch mal kurz blitzt und donnert. Im Nordosten fällt im Schlepptau des nur langsam weichenden Tiefs noch für längere Zeit skalig motivierter Niederschlag (etwas herumgeholte relative! Warmluft), wobei alle Phasen außer gefrierender Regen dabei sein können - typisch nasskalte Schmierlage halt. Apropos Schlepptau, auf der West- und Südwestflanke des Tiefs hält sich ein leidlicher Gradient, der an der Ostsee von West nach Ost einen lebhaften und böigen, auf Nordwest drehenden Wind mit Spitzen 7-8 Bft generiert. Ansonsten spielt der Wind keine große Rolle, auch in den Hochlagen nicht mehr. Höchsttemperatur 0 bis 6°C, im höheren Bergland leichter Dauerfrost. In der Nacht zum Freitag verabschiedet ich das Tief ganz langsam ins baltische Seegebiet, was im Nordosten nachlassenden Wind und nachlassende Niederschläge zur Folge hat. Der Bodenhochkeil über Süddeutschland kräftigt sich zwar etwas, kann aber nicht verhindern, dass Hebungsprozesse eines flachen Tiefs über Italien über die Alpen nach Norden ausgreifen. Entsprechend schneit es am Alpenrand, vielleicht auch noch im südlichsten Vorland und an der Grenze zur Schweiz, wobei am Alpenrand einige Zentimeter, in Staulagen bis zu 10 cm zusammenkommen können. Die Luft kühlt sich verbreitet bis in den leichten oder mäßigen Frostbereich ab. Einzig direkt an der See bleibt es frostfrei. Freitag... beruhigt sich die Szenerie, wobei es vorher ja nicht wirklich wuselig war. Der Potenzialtrog tropft Richtung westliches Mittelmeer ab, Luftdruck und Potenzial beginnen von Westen zu steigen. Dabei schiebt sich ein breiter Keil des Atlantikhochs ZULEIKA in die Nordhälfte vor, wo sich trotz einiger flacher Cumuli die Sonne die Ehre gibt. Schauer jedweder Couleur, teils elektrisch entwickeln sich über See und an der Küste, wo die flache Inversion durch "Heizeffekte" von unten (diabatische Erwärmung) getilgt wird. Während die mittleren Landesteile eine Übergangsregion markieren (Sonne/Wolken, meist trocken), wird der Süden vom quasistationären Tief über Italien sowie vom Cut-Off-Tief beeinflusst. Heißt im Klartext mehr Bewölkung, einzelne Schneeschauer sowie am Alpenrand kontinuierliches Dahinflöckeln mit einigen Zentimetern Neuschneezuwachs. In Ostvorpommern weht anfangs noch ein böiger Nordwestwind, ansonsten bleibt es bei einer Komparsenrolle. Tagestemperaturen maximal -1 bis +4°C, nur direkt an der See unbedeutend darüber. In der Folgenacht verbreitet mäßiger (über Schnee lokal um oder etwas unter -10°C), im Norden eher leichter Frost, nur direkt an der See frostfrei. Modellvergleich und -einschätzung -------------------------------------------------------------- Summa summarum wird die Entwicklung ziemlich gleich eingeschätzt. Wie so oft bei vergleichbaren Winterlagen steckt der Teufel meist in der genauen Phasenbestimmung der Niederschläge. Unstrittig ist die winterliche Komponente im Bergland, die so schnell auch nicht weichen wird. In SH erkennt man seit 1-2 Stunden den Übergang von Regen in Schnee, ausgehend von Dithmarschen und Nordfriesland. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Jens Hoffmann