SXEU31 DWAV 230800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Donnerstag, den 23.10.2025 um 08 UTC GWL und markante Wettererscheinungen: GWL TrW, Übergang zu Wz Markante Sturmlage heute in Teilend es Landes. Bei Kaltfrontpassage im Süden, sowie mit ab dem Nachmittag im Westen erhöhte Gefahr von schweren Sturmböen. Ausgangs der Nacht an der Nordsee Orkanböen. Auch im weiteren Kurzfristverlauf in Teilen anhaltend stürmisch. Starkregengefahr am Freitag im Nordseeumfeld sowie kurze Gewitter. Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC -------------------------------------------------------------- Donnerstag... dreht sich alles um das markante Sturmtief, dessen Zentrum sich derzeit vom Ärmelkanal bis in die südliche Nordsee erstreckt. Beim genaueren Hinsehen erkennt man sogar zwei Tiefzentren. Das nördlichere der beiden soll sich in den nächsten Stunden zurückbilden, während das südlichere Zentrum zum Hauptzentrum wird. Der Höhepunkt der Vertiefung ist nahezu erreicht. In den kommenden Stunden wird das Bodentief zunehmend achsensenkrecht zum Höhentiefkern verlaufen und sich aus dem linken Ausgang des Jets herausbewegen. Im Tagesverlauf ergeben sich mehrere Windschwerpunkte, die wir nun der Reihe nach durchgehen. Beginnen wir mit dem aktuellen Zustand: Bereits jetzt treten in höheren Berglagen im Südwesten und Westen, teils bis zur Mitte, verbreitet Wind- und Sturmböen auf - am Feldberg im Schwarzwald wurden Böen bis Bft 11 gemessen. Den Höhenwinden folgend dürfte sich der Wind in höheren Lagen noch etwas verstärken. In den Kamm- und Gipfellagen von Südwesten und Westen bis zur Mitte sind allgemein Böen der Stärke Bft 10 bis 12 zu erwarten. Auch der Föhnsturm in den Alpen ist bereits aktiv und kann in den nächsten Stunden mit Böen bis Bft 7 bis in die Täler ausgreifen; auf den Bergen sind schwere Sturmböen bis hin zu orkanartigen Böen möglich. Der Föhn ist allerdings nur ein vorübergehendes Phänomen, das bereits im Vormittagsverlauf von West nach Ost durch die übergreifende Kaltfront des nördlichen der beiden Tiefzentren über der Nordsee unterbrochen wird. Etwas Labilität sorgt dafür, dass die Kaltfront konvektiv durchsetzt ist; im Südwesten können auch einzelne Gewitter eingelagert sein. Im Vorfeld und insbesondere mit Passage der Kaltfront selbst legt der Wind auch im Tiefland deutlich zu und weht dann stark bis stürmisch. Bei kräftigeren Schauern und Gewittern sind Sturmböen wahrscheinlich, vereinzelt auch schwere Sturmböen. Die Kaltfront zieht über der Südhälfte rasch ostwärts und erreicht bis zum Mittag bereits die Landesgrenze. In Alpennähe kommt es mit Föhnzusammenbruch zu einer ausgeprägten Druckanstiegswelle. Dort treten auch die stärksten Böen mit Bft 9-10, lokal Bft 11 auf. Aber auch sonst sind über der Südhälfte Böen von Bft 7 bis 8, vereinzelt bis Bft 9 zu erwarten. Weiter nach Norden okkludiert die Front deutlich und verliert an Antrieb, wodurch sich der Wind dort in Grenzen hält. Der anfangs stark böige Südostwind an der Nordsee lässt nach. Hinter der Kaltfront strömt ab dem späten Vormittag von Frankreich her zunehmend Höhenkaltluft ein, wodurch sich die Labilität verstärkt. Die Folge sind schauerartig verstärkte Niederschläge, die am Nachmittag von Westen her bis in die mittleren Landesteile vorankommen. Bei 850-hPa-Winden um 60 kn und 925-hPa-Winden um 45 kn sind verbreitet stürmische Böen, teils auch Sturmböen, zu erwarten. Spannung verspricht dann nochmals die Entwicklung des Windfeldes im Zusammenhang mit dem zweiten Randtief, das am Nachmittag den Westen erreicht und am Abend in Richtung Emsland zieht. An seiner Südflanke entsteht ein ausgeprägtes Druckanstiegsmaximum, und es kann sich unterhalb einer stabilen Schichtung in der mittleren Troposphäre ein Jetmaximum von 60 bis 70 kn in etwa 1 km Höhe ausbilden ("Cold Jet", CJ). Dieses Maximum wird modellübergreifend simuliert und verlagert sich dem Bodentief folgend von der Eifel über den Niederrhein und Teile des Ruhrgebiets bis in das nördliche NRW und nach Südniedersachsen (etwa bis zur Weser). Diese Region ist vor allem in der ersten Nachthälfte betroffen. Hier besteht eine erhöhte Gefahr für schwere Sturmböen; vereinzelt sind auch orkanartige Böen nicht ausgeschlossen. Die entscheidende Frage ist, wie gut der Wind tatsächlich bis zum Boden durchgemischt wird. Der ICON-D2-Lauf von 03 UTC zeigt sich dabei äußerst zurückhaltend, während UKMO und SuperHD deutlich windstärker ausfallen. Im SuperHD-Modell treten sogar orkanartige Böen auf. Erwähnenswert ist noch, dass es mit Kaltfrontpassage lokal markanten Starkregen geben kann, der aufgrund seiner Kleinräumigkeit kaum abwarnbar ist, allerdings ohne größeren Impact - abgesehen vom Schwarzwald. In der Nacht auf Freitag lässt der Wind - abgesehen vom Starkwindfeld zwischen NRW und Niedersachsen - allgemein nach. Markante Böen treten dann vor allem noch im höheren Bergland auf. Der Norden, der tagsüber nur schwachen Wind verzeichnete, rückt erst im Verlauf der zweiten Nachthälfte in den Fokus - dann allerdings mit voller Wucht. Über der Nordsee formiert sich eine Girlande aus drei Mesotiefs, die sukzessive von West nach Ost ziehen. Mit dem ersten Druckanstiegsmaximum setzt der Wind ein, und es muss bis ins Binnenland hinein mit Sturmböen gerechnet werden. An der Nordsee treten schwere Sturmböen bis orkanartige Böen auf; auflandig sind auch Orkanböen nicht ausgeschlossen. Dazu kommen Schauer und einzelne Gewitter, vor allem über der Nordsee. An der Ostsee bleibt der Südostwind dagegen zunächst noch verhalten. Freitag... zieht das Hauptbodentief in den Grenzbereich zwischen Deutschland und Dänemark. In seinem Schlepptau wandern jedoch noch zwei Mesotiefs ostwärts über die Nordsee und sorgen jeweils - nach vorübergehender Windabnahme - erneut für orkanartige Böen und Orkanböen im unmittelbaren Küstenumfeld sowie für Sturmböen bis schwere Sturmböen im Binnenland nahe der Küste. Das zweite Mesotief wird nach aktueller Modelllage am Vormittag erwartet, das dritte folgt ab dem Mittag. Dahinter bleibt der westliche Wind stabil kräftig, mit schweren Sturmböen im Bereich der Nordsee bis in die Abendstunden. Weiter landeinwärts treten aufgrund des kräftigen Gradienten verbreitet stürmische Böen und einzelne Sturmböen auf, begleitet von wiederholt schauerartig verstärkten Niederschlägen. Einzelne Gewitter bleiben dabei auf die Nordsee beschränkt. Weiter südlich schwächt sich der Gradient deutlich ab; dort weht der Wind allgemein schwächer mit Böen um Bft 7, in exponierten Lagen vereinzelt Bft 8. Sturmböen und schwere Sturmböen bleiben den Kamm- und Gipfellagen vorbehalten. Zu erwähnen ist auch das Starkregenpotenzial im Nordwesten. Die noch relativ warme Nordsee trägt dazu bei, dass vor allem im küstennahen Bereich Stark- und Dauerregensignale modelliert werden. Das betrifft insbesondere das küstennahe Binnenland in Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wo durch die auflandige Windkomponente der Niederschlag teils weiter landeinwärts ausgreifen kann. Markante Regenmengen innerhalb von 12 bis 24 Stunden bis Samstagmorgen erscheinen dort recht wahrscheinlich. Mit der einfließenden polaren Kaltluft und 850-hPa-Temperaturen um 0 °C sinkt zudem die Schneefallgrenze, sodass in höheren Alpenlagen zunehmend Schnee fällt. In der Nacht auf Samstag verbleibt das Bodentief über Dänemark, der Gradient an seiner Südflanke bleibt stabil. Tagesgangbedingt lässt der Wind im Binnen- und Tiefland etwas nach, bleibt jedoch im höheren Bergland und an der See weiterhin stürmisch, an der Nordsee auflandig mit schweren Sturmböen. Auch die Schauertätigkeit nimmt allgemein ab. Im Südwesten, bis zum Morgen zur Mitte ausgreifend, führen Aufgleitprozesse in der unteren Troposphäre - erkennbar am Windprofil mit Südwest am Boden und West in höheren Schichten - zu skaligen Niederschlägen. Von Nordwesten her schwenkt in der zweiten Nachthälfte ein neuer Randtrog heran und sorgt im Nordseeumfeld sowie am Samstagmorgen erneut für ein Aufleben der Niederschlagsaktivität. Samstag... schwenkt der Randtrog von West nach Ost über Deutschland hinweg. Er ist vor allem im unteren Troposphärenbereich und am Boden deutlich ausgeprägt. Damit ziehen teils kräftige, schauerartig verstärkte Niederschläge ostwärts, wobei die Mengen in der Nordhälfte deutlich größer ausfallen als in der Südhälfte. Tagesgangbedingt und mit Passage des Bodentrogs legt auch der Wind deutlich zu, sodass verbreitet mit starken bis stürmischen Böen zu rechnen ist. Ausgenommen bleibt zunächst der Nordosten sowie anfangs auch der Osten, wo man sich tagsüber noch vorderseitig im stabilen Bereich befindet (WLA-Feld). Im höheren Bergland und an der See treten weiterhin Sturmböen (Bft 8/9) auf; an der Nordsee sind auflandig Böen bis Bft 10 wahrscheinlich. Die stärksten Böen sind - wie angesprochen - mit Passage des Bodentrogs zu erwarten, wobei der Wind von Süd auf West dreht. Abgesehen vom Wind bestehen kaum Warnkriterien. Richtung Nordsee gibt es eine gute Überlappung von Labilität und Feuchte, wodurch etwas CAPE generiert wird; entsprechend kann es dort vereinzelt blitzen. Auch ganz im Südwesten wird mit Durchgang eines kleinen Randtrogs in der Höhe etwas CAPE aufgebaut, sodass auch dort vereinzelt Gewitter auftreten können. Für Starkregen reichen die Niederschlagsmengen nicht aus, und Schnee spielt allenfalls in höheren Alpenlagen eine Rolle. In der Nacht auf Sonntag lässt der Wind tagesgangbedingt nach, und auch der Gradient schwächt sich vorübergehend deutlich ab. Von Nordwesten her zieht jedoch in der zweiten Nachthälfte der nächste Randtrog heran, der den Gradienten im Bodenfeld zusammen mit einer daran gekoppelten Randtiefentwicklung wieder verstärkt. Damit treten gegen Ende der Nacht erneut Sturmböen, exponiert auch schwere Sturmböen, auf. Modellvergleich und -einschätzung -------------------------------------------------------------- Grundlegend sind die verschiedenen Modelle bezüglich der Entwicklung der Großwetterlage einig. Unterschiede gibt es im Detail. Zum Beispiel die Frage, kann das Windmaximum ab dem Nachmittag im Westen/Nordwesten heruntergemischt werden (Cold Jet) oder den genauen Ablauf der Mesotiefs über der Nordsee. Auch der Durchzug der Randtröge in den Folgetagen weist noch Unterschiede auf. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Marcus Beyer