SXEU31 DWAV 051800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Samstag, den 05.07.2025 um 18 UTC SCHLAGZEILE: FRIEDEMANN und Höhentrog mit "typisch" mitteleuropäischem Sommerintermezzo - ja gibt´s denn sowas noch. Synoptische Entwicklung bis Montag 06 UTC ---------------------------------------------------------------- Aktuell ... schreiben wir Samstag, den 5. Juli, nur noch 7 Wochen bis zum Beginn der neuen Bundesligasaison. Lange Zeit, die - seien wir ehrlich - weder von der Frauen-EM in Switzerland noch von der unsäglichen Klub-WM in den USA vollwertig überbrückt werden kann. Und als ob das nicht schon reichen würde, werden nun auch noch die Tage immer kürzer. Ja, ja, zwar sind gerade mal erst zwei Wochen seit der Sommersonnenwende ins Land gegangen, doch die Verluste sind absolut messbar. Nehmen wie das Nordlicht List auf Sylt, wo seit dem 21.6. rund 14 Minuten Tageslänge getilgt wurden. 11 Minuten sind es im schönen Offenbach als Repräsentant für die Mitte, immerhin noch 9 Minuten ganz im Süden in Oberstdorf, Tendenz weiter abnehmend. Okay, könnte man jetzt einwenden, alles schön und gut, tolle astronomische Arithmetik, aber wettermäßig befinden wir uns doch voll auf Sommerkurs, wie die ersten Tage der zurückliegenden Woche eindrucksvoll belegt haben. Stimmt liebe Leute, auch wenn´s mir persönlich deutlich too much war. Jetzt allerdings ist die Atmosphäre an einem Punkt angelangt, wo sie offensichtlich ins Grübeln kommt. Zu viel Hitze ist gar nicht gut, belastet die Physis und steigt so manchem auch in den Kopf, macht die Birne weich. Warum nicht also mal ein wenig Kontrastprogramm, ein paar Sommertage mit klassisch mitteleuropäischer Attitüde. Womit wir nun endlich bei der Wetterlage wären, dem eigentlichen Ansinnen dieses Bulletins. Zur Zeit zeigt die großräumige Strömungsverteilung das klassische Muster einer antizyklonalen Westlage (Wa). So befindet sich der Norden am südlichen Rand der (noch) zonal exponierten, leicht schlingernden Frontalzone mit dem steuernden Tief FRIEDEMANN knapp westlich von Südnorwegen (Mittagsdruck knapp unter 1000 hPa). In Süddeutschland hingegen hat sich ein schmaler, zonal orientierter Keil des Azorenhochs durchgesetzt (CHRIS), der es heute nicht nur geschafft hat, die Sonnenscheinbilanz des noch jungen Julis aufzupolieren bei Temperaturen teils über 30°C. Auch konnten jedwede alpine Bemühungen konvektiver Art soweit auf Distanz gehalten werden (wenn auch in einem Fall sehr knapp), dass die Kollegen in München keine Karte ziehen mussten. In den nächsten Stunden formiert sich über UK/Irland sowie dem nahen Atlantik zunehmend ein positiv geneigter Höhentrog, der bei uns die Höhenströmung leicht rückdrehen lässt. Derweil verlagert Meister FRIEDEMANN sein Zentrum aufs norwegische Festland, von wo aus es sich auch gut agieren lässt. Der Versuch, seine Kaltfront bei uns vernünftig zu platzieren, scheitert zunächst allerdings, weil ihre Progression durch das leichte Aufsteilen der Höhenströmung gehemmt wird. So bleibt die Front auch in der Nacht schleifend über der Nordsee dicht vor der deutschen Küste liegen. Mitunter frischt der Südwestwind böig auf, was gerade der schleswig-holsteinischen Küste die ein oder andere Böe 7 Bft bringt. Außerdem kommt es über und an der Deutschen Bucht zu Schauern, die in der zweiten Nachthälfte im Zuge einer beginnenden Labilisierung auch elektrisch ausfallen können. Auffallend in den numerischen Prognosen ist ein nach Süden abgesetzter, offensichtlich vom frontalen Geschehen abgekoppelter Niederschlagskorridor, der etwa von NRW über das südliche NDS bis hinüber nach Nord-BB respektive in den Grenzbereich zu MV reicht. Hier kommt es von West nach Ost zu schauerartig verstärkten Regenfällen, die anscheinend an einen aus dem Haupttrog herauslaufenden Sekundärtrog respektive dessen PVA-Maximum geschuldet sind. Gebietsweise können dabei 5 bis 10 l/m², lokal vielleicht noch ein paar Liter mehr zusammenkommen. Ob auch Gewitter an den Start gehen, wie vor allem von ICON-D2 und RUC simuliert, muss angesichts relativ stabiler Verhältnisse zumindest mal angezweifelt werden. Nach Süden und Südosten hin verläuft die Nacht im Azorenhochkeil gering bewölkt oder klar und trocken. Dort kühlt es zumindest punktuell auf Werte um 10°C ab, während nach Nordwesten hin das Thermometer zwischen 18 und 15°C stehenbleibt. Sonntag ... lässt sich wunderbar als Übergangstag weg von Wa (West antizyklonal) hin zu TrM (Trog Mitteleuropa) titulieren. Der o.e. Haupttrog vergrößert durch permanent rückseitig einlaufende "Kleinteile" (Sekundärtröge) nicht nur seine Amplitude, er kommt gleichzeitig auch nach Osten voran. Um 18 UTC befindet sich seine Hauptachse knapp westlich der Grenzen zu Benelux und Frankreich. Vorderseitig dreht die Höhenströmung noch weiter zurück, was es der Kaltfront schwermacht, ihre Komfortzone Nordsee landeinwärts zu verlassen. Erst am Nachmittag dürfte sie schleifend die niedersächsische Nordseeküste erreichen (im nördlichen SH geht sie schon etwas eher durch), wo sie durch eine ausgeprägte, sich nur langsam verlagernde Windkonvergenz markiert wird (Südwest vs. Nordwest). Mit Annäherung des Troges wird die Luftmasse peu a peu labilisiert, außerdem geht die Windkonvergenz mit einer Feuchteflusskonvergenz einher. Es verwundert daher nicht, dass vor allem die deutsche Modellkette am Nachmittag und Abend einen sehr schmalen Streifen mit erhöhten Regenmengen anzeigt, der sich etwa von Ostfriesland über den Jadebusen sowie die Weser-und Elbmündung bis nach Ostholstein erstreckt. Hinweise auf mehrstündigen Starkregen (teils gewittrig, teils ungewittrig) liegen vor, selbst das Überschreiten der Unwetterschwelle (> 35 l/m² innert 6 h) scheint lokal möglich. Zwei bis drei Dinge sprechen aus jetziger Sicht allerdings gegen Unwetter und möglicherweise sogar gegen den ganzen Starkregenstreifen: Erstens spielen die meisten externen Modelle nicht mit (weit defensivere Rechnungen), zweitens wird die genau Lage der diskreten Radarlinie bzw. Windkonvergenz noch unscharf simuliert (12-UTC-Lauf etwas weiter südlich als Vorlauf) und drittens lehrt die Erfahrung, dass die Regenmengen mit Näherrücken des Ereignisses tendenziell zurückgerechnet werden. Warten wir´s ab. Unabhängig vom Geschehen im äußersten Nordwesten der Republik fällt mit Annäherung des Troges der Luftdruck, was den Azorenhochkeil im Süden in die Unkenntlichkeit zwingt. Von Westen her wird es nicht nur immer wolkiger, von Benelux ziehen auch zunehmend schauerartig verstärkte, lokal gewittrige Regenfälle ins Land. Für das ganz große konvektive Feuerwerk taugt die atlantisch geprägte Luftmasse nicht wirklich, zumal insgesamt auch nur wenig CAPE zur Verfügung steht. Gleichwohl ist es nicht ausgeschlossen, dass es einzelne Gewitter bis in die markante Liga schaffen (Starkregen, Böen 8-9 Bft, Kleinhagel). Nach Südwesten hin ist die Schauerneigung geringer, was zum einen der noch immer leicht positiven Achsneigung des Troges geschuldet ist. Hinzu kommt aber noch eine sehr trockene Grundschicht mit inversem V-Profil, die erstmal richtig angefeuchtet werden muss, damit unten substanziell was ankommt. Aufzupassen gilt es auf den Alpenrand sowie das südöstliche Bayern, wo durch das Rückdrehen der Höhenströmung etwas von der inneralpinen Labilität "angelockt" wird, die in einzelne (markante) Gewitter umgesetzt werden könnte. Weitgehend trocken bis zum Abend bleibt es wohl noch in der östlichen Mitte sowie in Teilen des Südostens, auch wenn die Wolkenanteile im Tagesverlauf kontinuierlich zunehmen. Mit Hilfe der zumindest anfänglich noch direkt aktiven Sonne steigt die Temperatur in der Osthälfte auf 24 bis 29°C, während sonst nur noch 19 bis 25°C auf der Karte stehen. Noch ein Wort zum Wind, der morgen über die "Nicht-Fisch-nicht-Fleisch-Rolle" nicht hinauskommt. Okay, vor allem in Verbindung mit Konvektion zieht er kurzzeitig sehr solide, in Einzelfällen sogar stürmisch an. Auch einige exponierte Hochlagen dürfen sich auf Böen 7-8 Bft, der Brocken sogar 9 Bft freuen. Ansonsten aber gibt der Gradient auf der Südflanke des nach wie vor über Südnorwegen positionierten Tiefs nicht so viel her, dass der vorwiegend aus Südwest bis West kommende Wind aus allen Nähten platzen würde. Allerdings könnte sich die verbreitet trockene Grundschicht böenfördernd entpuppen und nicht zuletzt auch in Abhängigkeit vom Relief dürfte es für ein paar 6er- bis 7er-Böen reichen. In der Nacht zum Montag kommen Trog und Kaltfront ost-südostwärts voran. Allerdings wird der Haupttrog durch einen weiteren rückseitig einlaufenden Randtrog regeneriert, so dass die "Hauptdröhnung" noch immer außen vor bleibt bzw. der Trog scheinbar retrograd wird. Nichtsdestotrotz wird es eine sehr wechselhafte Nacht, in der es verbreitet zu schauerartigen Regenfällen und einzelnen Gewittern kommt. Insbesondere im Norden sowie im äußersten Süden und Südosten können gebietsweise größere Regenmengen zwischen 10 und 25 l/m² innert 12 h runterkommen, lokaler Starkregen nicht ausgeschlossen. Ein deutliches Niederschlagsminimum bis hin zu gänzlicher Trockenheit wird modellübergreifend für den Osten sowie die östliche Mitte angeboten. Der südwestliche Wind frischt vornehmlich in exponierten Hochlagen stark böig auf. Die Temperatur geht auf 17 bis 10°C zurück. ---------------------------------------------------------------- Synoptische Entwicklung bis Dienstag 06 UTC Montag ... Kühle bis mäßig warme Troglage mit ´ner Menge Abwechslung. Details siehe Frühübersicht von heute oder wer abwarten kann Frühübersicht von morgen. Modellvergleich und -einschätzung ---------------------------------------------------------------- Die Entwicklung der Großwetterlage wird modellübergreifend sehr ähnlich gesehen. Das schmale Starkregenband ab Sonntagnachmittag im Norden wird vor allem von der deutschen Modellkette + SuperHD propagiert. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Jens Hoffmann