SXEU31 DWAV 021800 S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T ausgegeben am Montag, den 02.06.2025 um 18 UTC SCHLAGZEILE: Heute Abend im Süden noch teils kräftige Gewitter, nachts vorübergehend abklingend. Am Dienstag in der Südhälfte erneut auflebende Gewittertätigkeit, meist markante, Unwetter am ehesten direkt am Alpenrand möglich. Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 06 UTC ---------------------------------------------------------------- Aktuell ... befindet sich Deutschland zwischen einem zentralsteuernden Höhentrogkomplex bei Island und einem vom zentralen Mittelmeerraum bis nach Südosteuropa reichenden Höhenrücken unterhalb einer zumeist zyklonal konturierten westsüdwestlichen Höhenströmung, was uns auch in den Folgetagen recht abwechslungsreiches Wetter bei gleichzeitig recht angenehmen Temperaturen beschert. In die Höhenströmung eingebettet, wird in der kommenden Nacht die Nordhälfte von einem Kurzwellentrog überquert. Dieser verleiht einer in etwa über der südlichen Mitte schleifenden und verwellenden Kaltfront somit vorübergehend etwas Schub nach Süden, so dass diese in etwa bis ins Alpenvorland vordringen kann. Präfrontal befindet sich Süddeutschland auch aktuell noch im Einflussbereich einer hochreichend feuchtwarmen, aber inzwischen nur noch leidlich labil geschichteten Luftmasse subtropischen Ursprungs mit PPW-Werten von etwa 30 mm. Zwar ist die Höhenströmung über der Südhälfte im Großen und Ganzen recht glatt konturiert, dennoch liefern schwache Störungen in Form kleinräumiger kurzwelliger Troganteile vor allem aufgrund von PVA im Zusammenspiel mit der Orographie immer wieder einen Trigger für dynamische Hebung, wobei es innerhalb dieser ungedeckelten Luftmasse nicht viel zur Auslöse braucht. Somit lockerten heute Mittag und am Nachmittag nach Abzug eines schwachen, aber konvektiv durchsetzten Regenbandes die Wolken in Teilen von Baden-Württemberg und Bayern gebietsweise auf, so dass dann rasch um, örtlich auch etwas über 500 J/kg ML-Cape generiert werden konnten. Bald schon zogen um die Mittagszeit und am frühen Nachmittag neue, rasch zu linienförmig organisierten Multizellen verclusternde Gewitter vom nahen Nordostfrankreich her über den Westen und die Mitte Baden-Württembergs ostnordostwärts weiter Richtung Franken und auch entlang von Schwäbischer und Fränkischer Alb entstanden neue Schauer und Gewitter. Insgesamt kommen diese Linien allmählich südostwärts voran. Allgemein steht für organisierte Konvektion genügend Scherung zur Verfügung (DLS 0 bis 6 km 20 bis 25 m/s, dazu orografisch getriggert gebietsweise auch einiges an bodennaher Richtungsscherung), nach Süden zu insgesamt aber abnehmend. Die Zugvektoren der Zellen bzw. konvektiven Systeme sind strömungsparallel ausgerichtet, was vor allem das Risiko für Starkregen erhöht, während Hagel mangels günstiger Überlappung der Scherung mit Cape und Sturmböen innerhalb der recht feuchten Luftmasse eher eine untergeordnete Rolle spielen. Unwetterartige Mengen (über 25 l/qm in 60 min) traten aber bisher nur ganz vereinzelt und sehr kleinräumig auf. Etwas im Auge behalten sollte auch in den kommenden Stunden noch die Region vom Bodensee/Oberschwaben bis ins nordöstliche Alpenvorland. Dort lockern die Wolken aktuell etwas stärker auf, so dass bis zu den Abendstunden noch mehr Cape zur Verfügung steht. Dann kann im Anfangsstadium stärkerer Zellen, die sich an der Outflow Boundary der nördlicheren Zellen entwickeln, auch mal größerer Hagel bzw. später schwere Sturmböen auftreten. Aktuell (16 UTC) zieht eine allerdings nicht sonderlich hochreichende HP-Superzelle knapp nördlich von Freising vorbei nach Ostsüdost. Allgemein geht die Gefahr eventueller Unwetter aber in der ersten Nachthälfte deutlich zurück. Postfrontal schließt sich in den mittleren Landesteilen (etwa von Rheinland-Pfalz/südliches NRW ostnordostwärts bis nach Brandenburg und Sachsen ein Streifen mit kompensatorischem Absinken und nur aufgelockerter, teils geringer Bewölkung an. Dort bleibt es auch in den Abendstunden meist trocken, nur ganz vereinzelt gab bzw. gibt es dort mal einen kurzen Schauer oder gar ein Gewitter, wobei die PPW-Werte dort bereits auf unter 20 mm zurückgegangen sind, ebenso die Taupunkte um 3 bis 4 K niedriger liegen als weiter südlich. Tatsächlich hat sich am späten Nachmittag direkt an der Front, im Bereich einer ausgeprägten Konvergenz, im Raum Mannheim noch ein kräftigerer (ungewittriger) Schauer entwickelt, von dem es mehrere, mit Bildern belegte Meldungen einer ausgeprägten Funnelcloud gibt. Ein schwacher Tornado (Schäden wurden nicht gemeldet) ist dort wohl wahrscheinlich. Über dem Norden und Nordwesten des Landes dagegen haben sich trogvorderseitig in gemäßigter, eher sogar kühler Luftmasse (erwärmte mP mit T850 hPa um 4 Grad, 15 bis 20 mm PPW und 100 bis 300 J/kg ML-Cape) zahlreiche Schauer und auch einzelne Gewitter entwickelt. Auch diese sind bei guter Scherung linienförmig organisiert, werden aber meist nur von Böen Bft 6 bis 7 und Graupel, maximal kleinkörnigem Hagel begleitet. Im Laufe der kommenden Nacht klingen die Schauer im Norden mit Durchschwenken des Troges und auch tagesgangbedingt rasch ab. Dahinter folgt ein flacher Rücken und die Höhenströmung ist kurzzeitig leicht antizyklonal konturiert. Im Süden werden die Schauer und anfänglich noch Gewitter mit der vordringenden Kaltfront allmählich Richtung Alpen abgedrängt, in der zweiten Nachthälfte fällt nur noch an den Alpen und im südlichen Alpenvorland gebietsweise schauerartiger Regen, für Gewitter sollte es kaum mehr reichen. Ansonsten lockern die Wolken vor allem im Norden und in der Mitte stärker auf. Gebietsweise bildet sich dann auch Nebel. Während es im Süden mit 15 bis 10 Grad recht mild bleibt, kühlt es sonst auf 10 bis 5 Grad ab, in einigen Mittelgebirgstälern auch darunter. Ansonsten sticht beim Blick auf die Geopotenzial- und Bodendruckkarten noch eine für diese Jahreszeit ungewöhnliche Sturmtiefentwicklung ins Auge: Aktuell befindet sich das Tief ("TIM") mit einem Kerndruck von bereits nahe 980 hPa südlich von Island und interagiert im Laufe der kommenden Stunden günstig mit einem von Nordwesten vorstoßenden kräftigen Randtrog. Dienstagfrüh schlägt es mit einem Kerndruck von unter 970 hPa knapp westlich der Färöer-Inseln auf. Auch hierzulande setzt im Nordwesten bereits Druckfall ein und der auf Südsüdwest rückdrehenden Wind frischt im Nordseeumfeld auf, morgens gibt es über der Deutschen Bucht erste steife Böen. Dienstag ... kann sich unser Sturmtief "TIM" sogar noch etwas vertiefen, bleibt dann aber quasistationär nordwestlich der Färöer. Es "bohrt" sich bis in die höhere Troposphäre und übernimmt zentralsteuernde Funktion. Somit steilt die Höhenströmung über dem Vorhersagegebiet wieder etwas auf und der flache Höhenrücken schwenkt über Deutschland hinweg nordostwärts. Dahinter ist die Strömung wieder zunehmend diffluent konturiert und vor allem über dem Alpenraum bzw. den äußersten Süden des Vorhersagegebietes schwenkt eine flache kurzwellige Störung, wahrscheinlich orografisch getriggert, hinweg ostnordostwärts. Mit dem Aufsteilen der Höhenströmung kommt die nach wie vor über dem Alpenvorland wellende Front als Warmfront im weiteren Tagesverlauf wieder etwas nach Norden voran, bis zum Abend in etwa bis zur Mosel bzw. zum Main. Sie erweist sich zunächst als wenig wetteraktiv, so dass es am Vormittag kaum mehr regnet und die Wolken vorübergehend auch mal stärker auflockern. Die potenzielle Instabilität der Luftmasse nimmt im Warmsektor wieder zu, die Lapse Rates sind etwas steiler als am Vortag und die PPWs erreichen südlich der Donau nachmittags erneut Werte um 30 mm. Unklar ist allerdings noch, wann wo wieviel Cape durch Einstrahlung generiert werden kann. Südlich der Donau sind aber durchaus 500 bis 1000 J/kg, direkt am Alpenrand auch mehr, möglich. Die Scherung bleibt recht markant (über 20 m/s DLS, im Alpenvorland steht zudem durch alpines Pumpen auch etwas mehr bodennahe Richtungsscherung zur Verfügung mit 0 bis 3 km Modell-SRH bis 200 m²/s²). Die Konvektion erlaubenden Modelle deuten grob zwei Schwerpunkte der Gewitteraktivität an: Einerseits nahe der Warmfront im Südwesten (von Frankreich her auf BaWü und Rheinland-Pfalz und Südhessen übergreifend, wobei I-D2 eine nördliche Variante fährt als SuperHD bzw. EZ based SwissHD, welche die Gewitter auf BaWü beschränkt). Diese dürften sich angesichts der Zutaten überwiegend markanten Warnkriterien genügen, wobei vereinzelte unwetterartige Ereignisse mit Hagel 2 bis 3 cm und Starkregen nahe 30 l/qm nicht ganz ausgeschlossen sind. Andererseits steht aber der Alpenrand im Fokus. Die Scherungsbedingungen sind dort durch das alpine Pumpen ein klein wenig günstiger, vor allem kann aber - genügend Einstrahlung vorausgesetzt, und der Aspekt ist noch unsicher - einiges an Cape generiert werden. Im Idealfall sind das um die 1500 J/kg, und wenn alle Zutaten passen, könnte das für ein/zwei Superzellen mit Großhagel bis 5 cm, Starkregen um 30 l/qm in kurzer Zeit und weiter östlich - bei Organisation zu einem Bow Echo - auch für Böen über 100 km/h reichen. Dieses Szenario stellt allerdings das maximal Mögliche dar, und am ehesten wäre es am Alpenrand bzw. im südlichen Alpenvorland etwa östlich der Isar denkbar. Ob sich dafür eventuell die Ausgabe einer Vorabinformation anbietet, muss nach der morgigen Frühkonferenz entschieden werden. Ansonsten sind im Warmsektor nur einzelne (dann markante) Gewitter zu erwarten, oft bleibt es auch lediglich bewölkt mit gebietsweise leichtem Regen. Nördlich der Warmfront, in der Mitte und im Norden, verläuft der Tag dagegen wettertechnisch ruhig, vielerorts scheint bei geringer Bewölkung die Sonne. Das okkludierte Frontensystem von "TIM" greift von Nordwesten her auf die Nordsee über, und somit werden auch im Nordwesten Deutschlands die Wolken allmählich dichter, es bleibt aber voraussichtlich noch trocken. Allerdings verschärft sich der Gradient und rund um die Nordsee treten nun häufiger steife Böen (Bft 7) aus Süd bis Südwest auf. Mit der niedertroposphärischen WLA steigt die 850 hPa-Temperatur bis zum Abend auf Werte zwischen 7 Grad über der Nordsee, 10 Grad in der Mitte und bis 14 Grad am Alpenrand. Somit wird es wärmer als am Vortag mit Höchstwerten zwischen 20 und 25 Grad, mit Sonne vor allem in den mittleren Landesteilen bis 26, am Rhein vielleicht bis 27 Grad, an der Nordsee bleibt es gebietsweise unter 20 Grad. In der Nacht zum Mittwoch greift an der Südflanke des zentralsteuernden Tiefs ein Randtrog, der zunehmend die Haupttrogachse markiert, auf Frankreich über, wodurch die südwestliche Höhenströmung über Mitteleuropa noch etwas aufsteilt. Entsprechend kommt der Frontenzug im Bodenfeld, der inzwischen die mittleren Landesteile erreicht hat, allmählich nach Nordosten voran, wobei sich eine flache Welle entwickelt, die sich nach Lesart des aktuellen I-D2 Mittwochfrüh in etwa über Vorpommern befindet. Während die eventuellen kräftigen Gewitter in Südbayern bzw. am Alpenrand abends rasch ostwärts abziehen, greifen mit Annäherung des Troges im Warmsektor bzw. an der Kaltfront im Laufe der Nacht von Frankreich her bzw. aus der Schweiz erneut schauerartige Regenfälle auf Baden-Württemberg, eventuell auch noch auf das Saarland, die Pfalz und Südhessen über und kommen langsam Richtung Franken voran. Bei abgehobener Labilität (mehrere 100 J/kg MU-Cape) können darin auch einzelne Gewitter eingelagert sein, eventuell erfassen sie diese Regionen aber auch bereits als MCS. Starkregen stünde dann als Begleiterscheinung im Fokus, im Detail ist diese Entwicklung aber noch sehr unsicher, selbst ein starkes MCS ist nicht ganz ausgeschlossen. Auf den Nordwesten greift im Laufe der Nacht die teilokkludierte Kaltfront von Tief "TIM" über, wobei gebietsweise Regen fällt bzw. einzelne Schauer auftreten, für Gewitter sollte es aber nicht reichen. Ansonsten bleibt es trocken und vor allem von der Mitte bis in die Osthälfte sowie im Südosten auch teilweise gering bewölkt. Örtlich bildet sich Nebel. Die Minima liegen meist zwischen 15 und 10 Grad, im Südwesten bleibt es teilweise milder. ---------------------------------------------------------------- Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 06 UTC Mittwoch ... wurde schon in der Frühübersicht ausführlich beschrieben, und auch an den vorliegenden Modellunsicherheiten hat sich nur wenig geändert. Unser wellendes Frontensystem läuft mit der Kaltfront von Tief "TIM" zusammen, wobei nach wie vor unklar ist, wie weit die instabile Luftmasse sich wieder nach Westen und Norden ausbreiten kann. Ziemlich sicher dürften sich aber der Süden von Baden-Württemberg sowie der Süden und Osten Bayerns im Einflussbereich dieser Luftmasse befinden. An den Zutaten (Scherung, Cape) hat sich gegenüber den Frühläufen nichts Wesentliches geändert, so dass eine durchaus signifikante Unwetterlage in diesen Regionen ins Haus steht. Ob eventuell noch die Osthälfte bzw. auch die Mitte betroffen sind, dazu in den folgenden Übersichten mehr. Die Schwergewitterlage dürfte ganz im Südosten noch bis in die erste Nachthälfte hinein andauern, dann setzt sich aber mit Passage der Kaltfront die kühlere Luftmasse durch. Diese bleibt aber trogvorderseitig noch potenziell instabil geschichtet, so dass in weiten Landesteilen mit weiteren Schauern zu rechnen ist, kurze Gewitter (maximal begleitet von Graupel bzw. Böen Bft 7) nicht ausgeschlossen. Modellvergleich und -einschätzung ---------------------------------------------------------------- Der grobe Fahrplan steht nach wie vor. Im Detail bestehen natürlich nach wie vor, was die Konvektion betrifft, Unsicherheiten, am Dienstag vor allem bzgl. einer eventuellen Superzelle am Alpenrand, am Mittwoch ist noch unklar, wie weit eine eventuelle Schwergewitterlage noch die Osthälfte und die mittleren Landesteile betreffen könnte. Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach Dipl. Met. Jens Winninghoff