S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T ausgegeben am Sonntag, den 10.11.2024 um 10.30 UTC Anfangs noch leicht unbeständig, danach erneut ruhiges, herbstliches Hochdruckwetter. Im Laufe des Wochenendes wohl Wetterumstellung. __________________________________________________________ Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 17.11.2024 Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am Mittwoch liegen wir - wenn man so will - unter einem stark positiv geneigten Langwellentrog, der von Nordost- und Osteuropa bis zur Iberischen Halbinsel ragt. Darin eingebettet sind mehrere Kaltlufttropfen (KLT). Einer davon befindet sich über der Ukraine, ein weiterer über Spanien. Der dritte, für unser Wetter in Deutschland interessanteste überquert Deutschland südwestwärts und liegt abends bereits über Nordwestfrankreich. Nördlich bzw. nordwestlich des Troges thront ein kräftiges Höhenhoch über dem Atlantik, von dem aus ein Keil zunächst zonal über die Britischen Inseln bis nach Südschweden und von dort in einem Bogen bis zur Barentssee verläuft. Es stützt ein nicht minder kräftiges Bodenhoch (1040 hPa) westlich von Irland, welches eine Brücke über unsere Köpfe hinweg zu einem weiteren, nicht ganz so starken Hoch über dem östlichen Mitteleuropa schlägt. Kurzum: Die Wetteraktivität des KLT ist ziemlich limitiert und äußert sich vor allem in einer meist nur mageren Sonnenscheinausbeute und bevorzugt über der Mitte zeitweise etwas Regen. Bei T850er-Werten zwischen -4 und +4 Grad (je nach Zugbahn des KLTs) können in den Hochlagen der Mittelgebirge auch ein paar Schneeflöckchen zeigen. Sollte es in der Nacht zum Donnerstag aufklaren, was über der Mitte und dem Süden durchaus der Fall sein kann, ist mit leichtem Frost zu rechnen und dort, wo es zuvor geregnet hat ist lokal sogar Glätte nicht ausgeschlossen. Im Norden ziehen dagegen die Wolken einer schwachen Kaltfront, die zu einem Sturmtief über dem Nordmeer gehört, auf, die die Temperatur dort im positiven Bereich halten. Am Donnerstag wird "unser" abgezogener KLT von dem deutlich größeren Exemplar über der Iberischen Halbinsel aufgenommen. Das Höhenhoch nähert sich uns etwas und verlagert sich über die Britischen Inseln. Über Nordosteuropa kommt es zu einer markanten Austrogung, die sich bis zum Schwarzen Meer erstreckt und den dort befindlichen KLT aufnimmt. Zwischen diesem Trog und dem Höhenhoch stellt sich eine lebhafte nordwestliche Höhenströmung ein, die einen Schwall Subpolarluft mit sich bringt, welche allerdings östlich an uns vorbeiströmt. In Deutschland zeigt sich das Wetter damit wieder von seiner ruhigen, nebel- und hochnebellastigen Seite. Daran ändert auch die in Auflösung begriffene Kaltfront über dem Norden nichts, die allenfalls noch wenige Tropfen bringt. Die Höchstwerte verbleiben wie schon am Vortag und - Vorsicht Spoiler - wie auch in den Folgetagen im einstelligen Bereich. Im Dauernebel wird man wohl nur wenige Grad über dem Gefrierpunkt liegen. Am Freitag kommt das Höhenhoch noch etwas ostwärts voran und geht in einem Rücken, der sich vom zentralen Mittelmeer bis zur Nordsee erstreckt, auf. Bei Island formiert sich allmählich eine Austrogung, die am Samstag Tuchfühlung zum Kaltlufttropfen (bzw. mittlerweile hochreichendem Tief) aufnimmt, der sich von der Iberischen Halbinsel Richtung Britische Inseln verlagert. Der Rücken über uns wird dabei langsam ostwärts abgedrängt und wir gelangen unter eine mäßige südwestliche Höhenströmung, die sich am Sonntag noch etwas verstärken kann. T850 steigt im Süden und Südwesten auf knapp über 10 Grad und von Westen sind spätestens dann die ersten Frontensysteme zu erwarten. Damit stellt sich die Wetterlage wohl grundlegend um, worauf auch ein Blick in die erweiterte Mittelfrist hinweist: Über dem Atlantik kommt es zu einer massiven Austrogung mit Höhentief über den Britischen Inseln. Bei uns stellt sich in der Folge ein unbeständiger, windiger, zeitweise evtl. sogar stürmischer Wetterabschnitt ein. __________________________________________________________ Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs Die Konsistenz des aktuellen 00-UTC-Laufs des IFS kann, zumindest was das Wetter in Deutschland angeht, als gut angesehen werden. Für höhere Luftschichten gilt das zwar nicht, da in den Vorläufen Kaltlufttropfen über Deutschland simuliert wurden, die jetzt nicht mehr im Programm sind. Da diese aber quasi wetterinaktiv waren, ändert sich am bodennahen Hochdruckwetter kaum etwas. Im Laufe des kommenden Wochenendes steht wohl der nächste Wetterumschwung an, den die Vorläufe ebenfalls prognostizierten, wenngleich es dabei noch gewisse Unterschiede beim Timing und der genauen Entwicklung gibt. Bemerkenswert gut ist die Konsistenz in der erweiterten Mittelfrist. Die drei jüngsten IFS-Läufe stellen die Weichen Anfang der kommenden Woche allesamt auf eine unbeständige und windige bis stürmische Witterung. __________________________________________________________ Vergleich mit anderen globalen Modellen Mit Blick auf andere Globalmodelle (ICON, GFS, UK10) kann man sagen, dass GFS und UK10 die IFS-Lösung sehr ähnlich sehen, auch wenn GFS den Kaltluftvorstoß über dem östlichen Mitteleuropa weiter westlich im Programm hat, wodurch auch unsere östlichsten Landesteile davon gestreift werden würden (T850er um -2 Grad). Zum Ende des Zeitraums verfolgt GFS zunehmend eine eigene Lösung. Es lässt die atlantische (markante) Austrogung bereits am Sonntag auf uns übergreifen, samt markantem Kaltfrontdurchgang (T850 am Sonntagabend bundesweit -6 bis -3 Grad; in den Alpen evtl. markante Neuschneemengen). ICON fällt dagegen komplett aus der Reihe. Es lässt den Kaltlufttropfen am Mittwoch unter Verstärkung(!) nur etwa bis zum Jura vorankommen, um ihn dann wieder zurückzuschicken. Am Freitag liegt er somit wieder direkt über Deutschland. Damit gehen über dem Süden und der Mitte Regenfälle einher, die bei T850er-Werten zwischen -4 und 0 Grad im höheren Bergland als Schnee fallen können. Im Anschluss legt sich ICON zwischen die Lösungen von GFS und IFS, wobei es in der Nacht zum Sonntag mit Übergreifen der frontalen Niederschläge im ostdeutschen Bergland sogar ein paar "Schlangen" simuliert. Sollte es dort zuvor Aufklaren, wäre es tatsächlich nicht ausgeschlossen, dass es zumindest vorübergehend mal lokal glatt wird. __________________________________________________________ Bewertung der Ensemblevorhersagen Beim Blick auf die Temperaturrauchfahnen (850 hPa) für verschiedene deutsche Städte wird einem beim ersten Blick Angst und Bange ob des enormen Spreads, der dort schon zum Beginn der Mittelfrist aufgemacht wird. Beispiel Offenbach: Am Mittwoch werden Lösungen zwischen -5 und +6 Grad angeboten (IFS-Hauptlauf -3 Grad, mit am kältesten), am Samstag sogar zwischen -5 und +11 Grad (Hauptlauf +10 Grad, mit am wärmsten). Bei genauerem Hinsehen stellt man aber fest, dass ein Großteil der Member den IFS-Hauptlauf stützt, wenngleich letzterer ab Donnerstag tendenziell am warmen Rand des Ensembles zu finden ist. Nichtsdestotrotz sind die kälteren Member alles andere als Außenseiterlösungen und zeigt, dass die Geschichte mit den Kaltlufttropfen in unserem Umfeld (wie es die Vorläufe oder eben auch der 00-UTC-Lauf von ICON zeigen) nicht vom Tisch ist. Gleichwohl präsentieren sich diese aber nicht wirklich wetteraktiv, was man den sehr spärlichen Niederschlagssignalen entnehmen kann. Im Laufe des Wochenendes geht der Trend in Sachen Temperatur und Geopotential nach unten und beim Niederschlag nach oben. Der Wetterumschwung ist also fix - wie auch immer er vom Timing und der Intensität her ablaufen mag. Das Clustering ergibt für den Zeitraum von Freitag bis Sonntag drei relativ gleich verteilte Gruppierungen, die von den Regimen Blocking/Atlantic Ridge hin zu Atlantic Ridge/NAO+ wechseln. Während der Hauptlauf Cluster 1 angehört, zeigen Cluster 2 und 3 (letzteres inkl. Kontrolllauf) ein forscheres Voranschreiten der Austrogung am Wochenende und tendieren damit eher in Richtung ICON/GFS-Lösung. In der erweiterten Mittelfrist von Montag bis Mittwoch werden vier Cluster präsentiert, wobei sich die ersten beiden Cluster mit 21 und 16 Membern in den Vordergrund spielen (C3 und C4 nur 8 bzw. 6 Member). Von anfänglich NAO+ wechselt C1 zu Atlantic Ridge und verfolgt den Durchgang des Troges (nachfolgend Nordwestströmung), C2 (inkl. Haupt- und Kontrolllauf) geht über zu NAO- und schnürt den Trog über Westeuropa ab (Südwestströmung). C3 und 4 lassen ebenfalls den Trog durchgehen, wobei C3 sogar ein Sturmtief über Norddeutschland hinwegziehen lässt. FAZIT: Dem ruhigen, zu nebel- und hochnebelneigendem Hochdruckwetter folgt im Laufe des kommenden Wochenendes ein Wetterumschwung. Wie auch immer dieser in Sachen Timing und Intensität ablaufen mag, es wird unbeständiger und windiger (regional evtl. sogar stürmisch) bei zumindest in 850 hPa zurückgehendem Temperaturniveau. _________________________________________________________ Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen Nahezu durchweg ruhiges Hochdruckwetter. Erst am Samstag können mit Annäherung der Kaltfront (wie es von GFS und ICON simuliert wird) auf den Nordseeinseln sowie auch in exponierten Küstenabschnitten der Ostsee einzelne stürmische Böen (Bft 8) aus westlichen Richtungen nicht ausgeschlossen werden. In der erweiterten Mittelfrist bahnt sich dann jedoch ein wieder deutlich arbeitsintensiverer Abschnitt für unsere Warnmeteorologen an, was vor allem den Parameter "Wind" betreffen dürfte. ________________________________________________________ Basis für Mittelfristvorhersage IFS(-ENS), ICON(-ENS), GFS(-ENS), UK10, MOSMIX ________________________________________________________ VBZ Offenbach / Dipl. Met. Tobias Reinartz